FRUCTOSE-INTOLERANZ - WENN FRUCHTZUCKER NICHT VERTRAGEN WIRD - OFT ÜBERSEHENE INTOLERANZ DIE VIELE NACHFOLGE ERKRANKUNGEN MIT SICH BRINGT
- agneskalaitzis
- 16. Apr. 2024
- 7 Min. Lesezeit

Leiden sie unter Durchfall und Bauchschmerzen nach dem Essen? Womöglich nach Früchten?
Ihr Arzt findet nichts? Dann könnte eine Fructoseintoleranz vorliegen.
In diesem Fall bereiten insbesondere Früchte, Süßigkeiten und Honig unangenehme Verdauungsbeschwerden.
Je länger eine Fructoseintoleranz unerkannt bleibt, desto schwieriger wird es, das Verdauungssystem wieder zu beruhigen.
Fructose ist ein Einfachzucker, der in vielen Lebensmitteln in unterschiedlicher Menge und Verteilung vorhanden ist.
Wer gerne Light- oder Diät-Produkte einkauft, sollte darauf achten, ob Fructose als Süßungsmittel eingesetzt wurde, was auf der Zutatenliste manchmal auch als HFCS abgekürzt wird.
Auch in Diabetiker-Produkten ersetzt die Fructose in manchen Fällen den Haushaltszucker.
Da jedoch auch der Haushaltszucker zur Hälfte aus Fructose besteht, können alle gezuckerten Produkte zu den Symptomen führen.
Da insbesondere Fertigprodukte versteckten Zucker enthalten, ist das Lesen der Zutatenliste für Fructose-Intolerante ein Muss.
Die typischen Symptome der Fructoseintoleranz sind Bauchschmerzen, Übelkeit, Krämpfe, Blähungen, ein aufgetriebener Bauch und Durchfall.
Bei der Fructoseintoleranz unterscheidet man zw. einer erworbenen Fructoseintoleranz und der sog. Hereditären (HFI). Letztere ist bereits seit der Geburt vorhanden, während die erworbene FI-Form meist im Teenager- oder Erwachsenenalter auftritt.
Säuglinge mit einer HFI zeigen erste Unverträglichkeitsreaktionen wie Erbrechen, Durchfall und eindeutige Entwicklungsstörungen nach der Umstellung auf Beikost.
Bei der HFI handelt es sich um eine Stoffwechselstörung mit einem bestimmten Enzymdefekt.
Die Fructose kann zwar normal über die Darmschleimhaut aufgenommen werden, aufgrund des Enzymdefektes kann sie in der Leber nicht vollständig abgebaut werden.
Der Fructosegehalt im Blut steigt, wodurch die Glucose (der Blutzucker, den alle Zellen als Energielieferant benötigen) aus dem Blut verdrängt wird.
Diese Situation führt einerseits zu einem gefährlichen niedrigen Blutzuckerspiegel bis hin zur Bewusstlosigkeit, andererseits zu Leberfunktionsstörungen, da die Fructose in der Leber nur unvollständig abgebaut wird und die giftigen Stoffwechselzwischenprodukte dieses unvollständigen Fructoseabbaus die Leber schädigen können.
Eine HFI betrifft einen von 20 000 Säuglingen und erfordert eine sehr strenge Diät, da oft nicht einmal geringe Fructosemengen toleriert werden.
Bei der erworbenen Fructoseintoleranz hingegen können gewisse Fructosemengen gegessen werden. (Je nach persönlicher Toleranzgrenze).
Es handelt sich - im Gegensatz zur HFI – nicht um eine Stoffwechselstörung, sondern um eine Resorptionsstörung, also um die Unfähigkeit des Körpers, die Fructose über die Dünndarmschleimhaut in die Blutbahn aufzunehmen. Im Vergleich zur HFI kommt die erworbene Fructoseintoleranz sehr viel häufiger vor, weshalb wir uns in diesem Artikel ausschließlich mit dieser FI-Form beschäftigen.
Wenn ein gesunder Mensch beispielsweise Früchte oder ein Honigbrot isst, dann wird die darin befindliche Fructose über die Dünndarmschleimhaut ins Blut transportiert. Dazu gibt es in der Darmschleimhaut bestimmte Transporterproteine. Die für Fructose zuständigen Transporterproteine heißen auf der Darminnenseite GLUT-5.
Sie transportieren die Fructose aus dem Darm in die Zellen der Darmschleimhaut hinein. Auf der anderen Seite der Darmwand gibt es ebenfalls Transporterproteine (GLUT-2). Sie befördern die Fructosemoleküle aus der Schleimhautzelle in die Blutbahn hinaus.
Bei Menschen mit einer Fructoseintoleranz ist das GLUT-5-Transportersystem – je nach Ausprägung der Intoleranz – mehr oder weniger defekt. Die Fructose kann nicht oder nur zu geringen Anteilen aus dem Dünndarm entfernt werden. Sie gelangt in den Dickdarm und wird von den dort ansässigen Darmbakterien fermentiert.
Dabei entstehen Gase (Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid), die zu starken Blähungen führen. Diese Gase gelangen auch in die Blutbahn, werden schließlich über die Lunge abgeatmet und können folglich in der Atemluft festgestellt werden.
Da Fructose außerdem einen wasserbindenden Effekt hat, wird das Wasser nicht wie üblich im Dickdarm aus dem verdauten Nahrungsbrei entfernt, sondern bleibt im Stuhl, was zu einer wässrigen Konsistenz, nämlich zu Durchfall führt.
Die eingeschränkt funktionsfähigen GLUT-5-Transporter sind jedoch nicht das alleinige Problem. Auch eine fehlerhafte Zusammensetzung der Darmflora gehört zu den Merkmalen einer Fructoseintoleranz.
Wird eine Fructoseintoleranz gleich im Anfangsstadium erkannt, dann helfen oft konkrete Ernährungsprogramme, um dem Problem ein frühes Ende zu bereiten. Problematisch wird die Angelegenheit dann, wenn sich ein Patient über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg mit seiner Fructoseintoleranz (oder einer anderen Intoleranz) herum quälen muss, ohne dass jemand eine rettende Idee hätte.
Dann nämlich isst der Betroffene ahnungslos die problemverursachenden Lebensmittel und verschärft die Lage damit unwissend noch mehr. Je länger eine unbehandelte Fructoseintoleranz besteht, umso gravierender können die Folgeschäden sein.
Wenn ein Fructose-intolerantes Verdauungssystem über einen langen Zeitraum mit großen Mengen Fructose belastet wird, führt das zu Schäden an der Darmschleimhaut. In der Darmschleimhaut befinden sich jedoch auch Zellen, die das für den Milchzuckerabbau nötige Enzym Lactase bilden sowie Zellen, die das für den Histaminabbau nötige Enzym Diaminoxidase produzieren. Bei Schäden der Darmschleimhaut werden automatisch auch diese beiden Zellarten beschädigt, so dass eine Lactose- und/oder eine Histaminintoleranz entstehen können.
Zwar gilt eine gestörte Darmflora (Dysbiose) als eine der Hauptursachen der Fructoseintoleranz, doch kann sich dieses Ungleichgewicht der Darmflora im Verlauf der FI natürlich noch verstärken.
So können beispielsweise Darmbakterien aus dem dickdarm in den Dünndarm wandern (was bei einem gesunden Menschen nicht möglich ist), so dass die blähenden Fermentationsprozesse nach Fructose-Verzehr, die normalerweise im Dickdarm erfolgen, bereits im Dünndarm stattfinden, was vom Patienten als äußerst unangenehm empfunden wird. Eine derartige Dysbiose wird auch als Dünndarmfehlbesiedlung (DDFB) bezeichnet.
Hat sich eine DDFB einmal etabliert, kann sie auch ohne vorherigen Fructose-Verzehr zu Beschwerden führen, was eine eindeutige Diagnose immer schwieriger macht. Abgesehen davon kann sich eine DDFB auch unabhängig von einer FI entwickeln, muss also nicht immer gemeinsam mit dieser vorliegen. Dummerweise lässt eine DDFB (auch ohne FI) den FI-Nachweistest (Atemtest) positiv ausfallen.
Hier ist also größtes diagnostisches und therapeutisches Geschick vonnöten.
Da bekanntlich ein Großteil des Immunsystems im Darm ansässig ist, kann eine schwerwiegende Dysbiose die körpereigene Abwehrkraft empfindlich schwächen, so dass sich daraus vielfältige weitere Folgeerkrankungen und Beschwerden ergeben können.
Eine Dysbiose wiederum kann den bei Fructose-Intoleranten grundsätzlich zu beobachtenden Folsäure- und Zinkmangel verursachen oder verstärken. Ein Folsäuremangel kann Depressionen, Konzentrationsstörungen und Reizbarkeit fördern, während Zinkmangel mit einer verringerten Fruchtbarkeit, Haarausfall und einer erhöhten Infektanfälligkeit in Zusammenhang gebracht wird.
Interessant ist, dass bei den für eine Fructoseintoleranz typischen Symptomen oft zuerst einmal sehr aufwändige Untersuchungen durchgeführt werden.
Dabei handelt es sich um Untersuchungen, die solche Erkrankungen feststellen können, die bei den genannten Symptomen in den wenigsten Fällen vorliegen, wie z. .b. Darmkrebs oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).
Sehr viel häufiger weisen Blähungen, Übelkeit und Durchfall unmittelbar nach den Mahlzeiten auf Nahrungsmittelintoleranzen, auf Allergien, auf ein Gallenproblem oder auf eine Bauchspeicheldrüsenschwäche hin. Oft jedoch wird der Patient bereits nach einer befundlosen Darmspiegelung mit der Diagnose Reizdarm nach Hause geschickt.
Die Fructoseintoleranz kann ganz unspektakulär mit Hilfe eines Atem-Tests nachgewiesen werden. Bei diesem Test wird die Wasserstoffmenge im Atem gemessen. Der Wasserstoff entsteht im Dickdarm bei der Verstoffwechslung der Fructose durch die Dickdarmbakterien. Teilweise geht der Wasserstoff dann in Form von Blähungen ab, teilweise wird er von der Darmschleimhaut absorbiert, gelangt ind die Lunge und wird dann abgeatmet.
Für die Durchführung des Tests trinkt der Patient eine Fruchtzucker-Lösung auf nüchternen Magen. Dann wird 2 Stunden lang im Abstand von 30 Minuten der Wasserstoffgehalt des Atems gemessen. Die gemessenen Werte werden mit dem Ausgangswert verglichen, der vor Einnahme der Fructose-Lösung festgestellt wurde. Befinden sich die Wasserstoffwerte zw. 10 und 20 ppm oder darüber, dann ist eine FI wahrscheinlich. Werte von unter 0 ppm weisen normalerweise auf eine gesunde Fructose-Verstoffwechslung hin.
Zu beachten ist, dass der Test nur dann ordnungsgemäß durchgeführt werden kann und zu einem stimmigen Ergebnis führen kann, wenn in den letzten 4 Wochen weder eine Darmspiegelung noch eine Colon-Hydro-Therapie gemacht noch Antibiotika eingenommen wurden. Andernfalls könnten die Wasserstoff-produzierenden Darmbakterien allein durch diese Maßnahmen getötet oder drastisch reduziert worden sein, so dass sich in der Atemluft kein Wasserstoff nachweisen lässt, obwohl möglicherweise eine FI vorliegt.
Liegt eine Fructoseintoleranz vor, dann bleibt nicht nur die Fructose im Darm, sondern auch die Aminosäure Tryptophan.
Tryptophan verbindet sich mit der Fructose zu Komplexen und kann daher nicht mehr resorbiert werden.
Tryptophan ist jedoch ein sehr wichtiger Nährstoff und wird für die Bildung von Serotonin gebraucht.
Serotonin wiederum gehört zu den Glückshormonen und ist für unsere gute Laune zuständig.
Wenn Tryptophan fehlt, dann sinkt der Serotoninspiegel und daher auch die Laune. Es wundert also nicht, wenn Fructose-intolerante Menschen früher oder später an Depressionen leiden. Die Messung der Tryptophan-Konzentration im Blut kann ebenfalls zu Diagnose einer FI heran gezogen werden.
Ein häufiger Werdegang eines Fructose-intoleranten Patienten sieht so aus:
Aufgrund einer Infektion (Blasenentzündung, Magenschleimhautentzündung oder was auch immer) erhält der Patient ein Antibiotikum. Anschließend ist er die Entzündung los, kann jedoch plötzlich kein Obst mehr essen, ohne danach an Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen zu leiden.
Antibiotika können entweder die Darmschleimhaut und somit auch die GLUT-5-Transporter beeinträchtigen oder sie zerstören die Darmflora auf eine Weise, dass diese die Fructose nicht mehr beschwerdefrei abbauen kann. Ähnlich können auch andere Medikamente wirken, in deren Beipackzettel ungünstige Nebenwirkungen auf das Verdauungssystem aufgeführt sind – insbesondere dann, wenn die Medikamenteneinnahme über einen langen Zeitraum erfolgte.
Auch Infektionen mit dem Pilz Candida albicans gelten als Risiko für die Entwicklung von Intoleranzen, da auch die Candida-Pilze die Darmschleimhaut schädigen und das bei einer Pilzinfektion bereits bestehende Ungleichgewicht der Darmflora noch verstärken können.
Als weitere mögliche Ursachen für die Entstehung einer Fructoseintoleranz werden chronische Belastungen aller Art diskutiert. Dazu gehören eine ungünstige Ernährungsweise über Jahrzehnte hinweg genauso wie anhaltende Stresssituationen. Beides kann zu einer Dysbiose und zu Schäden der Darmschleimhaut führen.
Ein ganzheitlich tätiger Therapeut wird bei den beschriebenen Verdauungsbeschwerden hingegen erst einmal sämtliche Nahrungsmittel-Intoleranzen abklären.
Steht die Diagnose Fructoseintoleranz fest, verspricht die sofortige Ernährungsumstellung eine meist unmittelbare Linderung der Beschwerden. Je nach Ausprägung der FI kann das mehrwöchige oder mehrmonatige Meiden von Fructose gemeinsam mit einer Symbioselenkung (Aufbau der Darmflora) bereits zu einer Heilung der FI oder zumindest einer Verträglichkeit einer höheren Fructose-Menge führen. d
Zu den fructoseärmsten Lebensmitteln gehören:
Pilze
Avocados
Grüne Blattgemüse
Zucchini
Knollensellerie
(Von den meisten anderen Gemüsesorten können kleinste Mensgen gegessen werden, jedoch sollten in der Anfangsphase Lauch, Zwiebeln und Hülsenfrüchte gemieden werden, da diese bekanntlich zu einer Verstärkung der Gasbilddung führen können)
Nüsse
Mandeln
Kokosnüsse und Ölsaaten
Kartoffeln
Glutenfreie Beilagen wie Mais, Buchweizen, Hirse, Quinoa, Reis
Vollkornprodukte – sollen nur geringfügig gegessen werden
Wenn die Symptome der Fructoseintoleranz mit der Ernährungsweise nahezu verschwunden sind, was mehrere Wochen bis zu einem Jahr dauern kann, geht man zur Phase II über.
Da bei der erworbenen Fructoseintoleranz immer eine gewisse Menge an Fructose vertragen wird, testet man jetzt die individuelle Fructose-Toleranz aus.
Dazu fügt man dem Speiseplan kleine Mengen fructosehaltiger Lebensmittel hinzu und beobachtet die Reaktionen des Körpers.
Darmsanierung und Darmfloraaufbau ist dabei ein MUSS.
Haben sie Fragen? Schreiben sie mich gerne an.
Quellen:
Gibson PR, et al, Reviesw article: Fructose malabsorption and the bigger picture, Alimentary Pharmacology and Therapeutics, Volume 25, issuse4 February 2007
Ledochowski M, et al, Fructose malabsorption is associated with decreased plasma tryptophan, Scandinaviian Journal of Gastroenterology, 2001 Apr, 36(4):367-71
Simren M und Stotzer PO, Use and abuse of hydrogen breath tests, Gut, 2006 Mar, 55(3(:297-303
Schleip T, Fructose-Intoleranz – Wenn Fruchtzucker krank macht
Sasaki D et al, Bifidogenic and butyrogenic effects of young barely leaf extract in an in vitro human colonic microbiota model, AMB Express, 9 Article number: 182 (2019)
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