GLUTEN-UNVERTRÄGLICHKEIT
- orion-consult
- 12. Feb. 2022
- 4 Min. Lesezeit

Eine Glutenunverträglichkeit kann sich in vielen Symptomen äussern. Meist sind es Verdauungsbeschwerden, oft Kopfschmerzen, häufig Konzentrationsstörungen und nicht selten auch Übergewicht, das sich einfach nicht abbauen lässt
Glutenintoleranz gehört bei den meisten Ärzten leider noch immer nicht zum üblichen Diagnose-Repertoire – obwohl immer mehr Menschen mit einer unerkannten Glutenintoleranz zu kämpfen haben und sich aufgrund der glutenintoleranztypischen Symptomvielfalt mehr schlecht als recht durch den Alltag quälen.
Gluten ist eine Mischung aus verschiedenen Proteinen, die sich nicht nur im
Weizen, sondern auch in vielen anderen Getreidearten befinden.
Für das Getreidekorn ist das Gluten ein Speicherprotein, das im Laufe des Keimprozesses dem Keimling Nährstoffe bereitstellt. In der Backstube des Menschen sorgt das Gluten hingegen dafür, dass das Brot beim Backen schön zusammenhält.
Es ist der Kleber. Daher gibt man in Brotrezepte mit glutenfreien Getreidearten oder Pseudogetreidearten regelmässig Bindemittel hinzu, welche die Klebereigenschaften des hier fehlenden Glutens übernehmen sollen.
Zu den glutenfreien Getreidearten gehören die Hirse, der Teff (eine Hirseart) und der Reis sowie die Pseudogetreidearten Quinoa, Amaranth und Buchweizen.
Gluten nun besteht aus zwei Gruppen, den sog. Prolaminen und den Glutelinen. Diese unterscheiden sich geringfügig in ihrer Struktur je nach Getreideart und bekommen dann gleich auch andere Name.
Die weizentypischen Gluteline werden Glutenin genannt.
Die Prolamine heissen im Weizen Gliadin, im Hafer heissen sie Avenin und im Roggen Secalinin. Und auch diese Stoffe lassen sich jetzt noch weiter unterteilen: Denn es gibt nicht nur ein einziges Gliadin im Weizen, sondern viele verschiedene, nämlich das Alpha-, das Beta-, das Gamma- und das Omega-Gliadin.
Bei den üblichen Tests für Glutenintoleranz wird lediglich nach einem einzigen "Stoff" gefahndet, nämlich nach Antikörpern gegen Gliadin in der alpha- oder beta-Variante. Das Gluten birgt aber viel mehr riskante Stoffe, wie z. B. das Weizenkeimagglutinin, das Gluteomorphin (auch Gliadorphin genannt, das erst bei der Verdauung von Gliadin entsteht), dann das Glutenin und auch das omega- oder gamma-Gliadin.
Jede einzelne oder auch eine Kombination aus diesen Substanzen kann ebenfalls zu Unverträglichkeitsreaktionen führen. Infolgedessen ist es durchaus möglich, auch dann an einer Glutensensitivität zu leiden, wenn der übliche Glutenintoleranz-Test negativ ausfällt.
Vielleicht fragen Sie sich an dieser Stelle, was wohl der Unterschied zwischen Glutensensitivität und Glutenunverträglichkeit ist. Und was die Glutenintoleranz damit zu tun hat. Die gute Nachricht ist, dass alle drei Begriffe dieselbe Erscheinung bezeichnen können.
Meist jedoch werden "Glutenunverträglichkeit" und "Glutenintoleranz" als Oberbegriffe für sämtliche Unverträglichkeitsreaktionen verwendet, die im Zusammenhang mit Gluten auftreten können. Hierzu zählen dann sowohl die Zöliakieals auch die Glutensensitivität.
Während die Diagnose der Zöliakie – einer Autoimmunerkrankung – relativ sicher anhand einer Biopsie und bestimmter Blutmarker gestellt werden kann, verhält es sich bei der Glutensensitivität aufgrund oben erwähnter Schwierigkeiten in Bezug auf den Glutenintoleranz-Test nicht ganz so einfach.
Die vielfältige Symptomatik der Glutensensitivität erleichtert die Diagnose auch nicht gerade. Während nämlich die Zöliakie-Symptome recht eindeutig sind (Durchfall, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Nährstoffmangel), können bei einer Glutensensitivität auch solche Symptome auftreten, die man auf den ersten Blick nicht mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit in Verbindung bringen würde.
Zu den Symptomen der Glutensensitivität können zwar auch Verdauungsstörungen gehören, doch genauso Kopfschmerzen, Erschöpfung, Schlafstörungen, ein Gefühl des Benebeltseins, Konzentrationsstörungen, ADHS, ADS, Autismus-Symptome, Stimmungsschwankungen, Schwindel oder ein Übergewicht, das sich trotz aller Bemühungen einfach nicht mehr abbauen lässt.
Beide Glutenunverträglichkeiten können überdies zu (weiteren) Autoimmunerkrankungen führen bzw. solche verstärken.
Der Vollständigkeit halber sei noch die Weizenallergie erwähnt, die häufig Kleinkinder betrifft. Die allergische Reaktion richtet sich hier ausschliesslich gegen Eiweisse des Weizens, also nicht unbedingt auch gegen Eiweisse anderer Getreidearten.
Eine generell glutenfreie Ernährung kann hier daher nicht in jedem Fall helfen, da Weizen neben Gluten auch noch andere Eiweisse enthält, die allergen wirken können.
Die Symptome der Weizenallergie können jedoch – genau wie bei der Glutensensitivität – sehr unterschiedlich sein und bis hin zu Neurodermitis und Epilepsie reichen.
Die Diagnose erfolgt über den Nachweis entsprechender IgE-Antikörper, die typisch für Allergien vom Soforttyp sind. Hier treten die Symptome meist innerhalb weniger Minuten nach dem Verzehr des entsprechenden Allergens (hier Weizen) auf.
Bei der Glutensensitivität hingegen können Symptome auch zeitversetzt, also einige Tage später auftreten, was das Erkennen eines Zusammenhanges umso schwieriger macht – sowohl für den Patienten als auch für den Arzt.
Während nun eine Zöliakie und auch die Weizenallergie eher seltene Erscheinungen darstellen, betrifft die Glutensensitivität viele Menschen – und die meisten wissen gar nichts davon.
Die Gründe dafür haben wir oben bereits genannt: Die Glutensensitivität äussert sich in Symptomen, die genauso zu vielen anderen Krankheiten gehören könnten und die ausserdem oft nicht – wie bei einer Allergie vom Soforttyp – direkt nach Glutenverzehr auftreten, sondern auch erst später.
Da ferner die Symptome bei jedem Menschen andere Formen und Ausmasse annehmen können, ist es kaum möglich, allein anhand der Symptomatik hundertprozentig auf eine Glutensensitivität zu schliessen.
Eine glutenfreie Ernährung schliesst Weizen, Roggen, Gersten, Dinkel, Kamut, Hafer, Einkorn, Emmer und alle Produkte aus, die diese Getreide enthalten. Denken Sie daran, dass auch solche Fertigprodukte glutenhaltige Bestandteile enthalten können, bei denen man nicht gleich an Mehl und Getreide denkt, wie z. B. Fertigsuppen, Saucen, Salatdressings, Schokoriegel und vieles andere mehr.
Quellen:
Kinvig Ford RP, "The gluten syndrome: A neurological disease", Medical Hypotheses, September 2009
Dr. med. Mario Krause, "IgG vermittelte Nahrungsmittelallergie als Auslöser von Fibromyalgie-Beschwerden und der Einfluss einer Eliminationsdit", (PDF) Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München 2005
"Dermal IgG deposits and increase of mast cells in patients with fibromyalgia-relevant findings or epiphenomena?", Scandinavian Journal of Rheumatology, 1997
Comentários