WIE STÜCK BROT MIGRÄNE VERURSACHEN KANN
- agneskalaitzis
- 17. Juni 2024
- 3 Min. Lesezeit

Für eine Migräne kommen verschiedene Auslöser in Frage. Bei manchen Betroffenen kann es die tägliche Scheibe Brot sein, die immer wieder zu Migräneattacken führt – ohne dass der Kranke es weiß.
Betroffene versuchen oft verzweifelt, dem Auslöser ihrer Migräne-Attacken auf die Schliche zu kommen. Ist es der Stress oder das Wetter? Sind es die Hormone oder bestimmte Lebensmittel? Bei manchen Migräne-Patienten begünstigen Rotwein, Köse oder auch Schokolade die nächste Attacke. An die tägliche Scheibe Brot oder das Brötchen als möglichen Auslöser denkt so gut wie niemand.
Bekannt ist, dass Menschen mit Zöliakie (Autoimmunerkrankung, bei der Gluten im Darm zu chronischen Entzündungen führt) häufiger an Migräne leiden als Menschen ohne Zöliakie.
Ja, Migräne kann sogar ein erstes Zeichen für eine entstehende Zöliakie sein.
Wird bei Zöliakie Gluten verzehrt (z. B. Spaghetti oder ein Brötchen) wird das Eiweiß nicht einfach verdaut, wie das bei gesunden Menschen der Fall ist. Stattdessen bildet das Immunsystem Antikörper, die nun nicht nur das Gluten, sondern auch eigene Körperstrukturen angreifen, u. a. ein bestimmtes Enzym namens Transglutaminase 2 (TG2), aber auch das in der Nähe dieses Enzyms befindliche Gewebe, etwa die Darmschleimhaut.
Es kommt zu Beschwerden wie Durchfall, Übelkeit und Bauchschmerzen, zu Müdigkeit, Blutarmut, Gewichtsabnahme und Leistungseinbrüchen.
Die Angriffe der Antikörper auf körpereigenes Gewebe führen zu Entzündungsprozessen. Diese wiederum lösen im ganzen Körper nun weitere Reaktionen aus. Die Blutgefäße etwa werden durchlässiger, um Wasser, Elektrolyte und Proteine in die betroffenen Körperregionen zu senden, was zu Schwellungen führt, damit dort schneller eine Heilung eintreten kann, was aber nicht passiert, wenn immer wieder glutenhaltige Lebensmittel verzehrt werden.
Auch im Gehirn findet sich die Transglutaminase 2, so dass auch hier die beschriebenen Prozesse ablaufen und im Falle der Zöliakie Kopfschmerzen-Attacken verursachen können. Allerdings kann Gluten auch dann ein Trigger für Migräne sein, wenn man nicht an einer Zöliakie leidet. Denn es gibt auch Menschen, die an einer sog. Nicht-Zöliakie-Glutansensitivität (NCGS) leiden. Auch bei diesen Personen kann Gluten eine Migräne triggern.
Einst hieß es Migräne sei die Folge einer Gefäßerweiterung im Gehirn. Inzwischen weiß man, dass dies nur einen Teil des Geschehens beschreibt. Auch der Trigeminusnerv ist an der Migräne-Entstehung beteiligt. Dabei handelt es sich um Nerven im Gesichtsbereich. Sie kontrollieren dort das Empfinden und lassen z. B. Temperaturen, Druck oder Juckreiz wahrnehmen.
Wird der Trigeminusnerv nun bei glutensensitiven Menschen durch die Gegenwart von Gluten aktiviert, dann veranlasst dies die Ausschüttung zahlreicher Stoffe, wie etwa Histamine – Substanzen, die von Abwehrzellen normalerweise dann produziert werden, wenn eine Allergie oder eine Entzündung im Gange ist oder wenn eine Verletzung vorliegt, wenn also die Gefahr besteht, dass körperfremde Stoffe dem Organismus schaden könnten, was verhindert werden soll. Histamine aber spielen auch bei der Migräneentstehung eine wichtige Rolle.
Ein aktivierter Trigeminusnerv (aber auch andere Regionen im Zentralen Nervensystem) produziert zusätzlich einen weiteren Trigger für Migräne, das sog. Calcitonin Gene-Related Peptid (CGRP=, ein Eiweißstoff, der im Gehirn die Blutgefäße entspannen und erweitern kann und daher seit Jahren im Fokus der Migräneforschung steht. Denn die Gefäßerweiterung führt nun zur selben Gefäßdurchlässigkeit, wie sie schon oben infolge des Transglutaminase-2-Antikörpers bei der Zöliakie beschrieben wurde.
Die Abgabe von Wasser und Proteinen aus den durchlässigen Gefäßen führt zu Schwellungen und Irritationen in den Gehirnhäuten und dies wiederum zu den bekannten Migräneschmerzen. Aus diesem Grunde wurde in den USA im Jahr 2018 eine neue Klasse Migränemedikamente zugelassen. Sie wirken, indem sie verhindern, dass CGRP an seine Rezeptoren andocken kann.
Geht man nun aber davon aus, dass CGRP bei glutensensitiven Menschen nur wegen des Glutenverzehrs ausgeschüttet wird, wäre es sinnvoller, wenigstens einmal probeweise das Gluten zu meiden, als mit Medikamenten die Folge des Glutenverzehrs therapieren zu wollen.
Studien zu Gluten als Migränetrigger bei Menschen mit Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität liegen leider noch kaum vor. Man weiß aber, dass eine Migräne eines der möglichen Symptome einer NCGS sein kann und auch im Gefolge anderer Beschwerden gehäuft auftritt, z. B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, wie im Fachjournal Headache im Jahr 2013 erklärt wurde.
Es könnte sich bei Migräne also durchaus lohnen, eine glutenfreie Ernährung auszuprobieren – was die Migräneattacken noch weiter reduzieren kann.
Quellen:
Yuan H, Silberstein SD, Histamine and Migraine, Headache. 2018 Jan, t58(1):184-193.
Kopishinskaya SV, Gustov AV, Gluten migraine, Zh Nevrol Psikhiatr im S S Korsakova, 2015, 115(8):13-17
Green L, How does a piece of bread cause a migraine? MedicalXpress 25.11.2019
Benjailali L, Zahlane M, Essaadouni L, A migraine as initial presentation of celiac disease, Rev Neurol (Paris). 2012 May, 168(5):454-6. Doi: 10.1016/j. neurol. 2011.10.008. Epub 2012 Mar 8
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