POLYNEUROPATHIE – WENN DIE NERVEN SCHMERZEN
- orion-consult
- 29. Nov. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Jan. 2022

Es kribbelt in den Händen oder den Füßen, die Extremitäten fühlen sich taub an oder schmerzen.
Jung und Alt können betroffen sein – die Rede ist von einer Erkrankung der Nerven, der Polyneuropathie.
Die Beschwerden schränken die Lebensqualität enorm ein.
Medikamente helfen zwar kurzfristig, haben aber meistens starke Neben- oder Wechselwirkungen.
Doch die gute Nachricht: Es gibt schonende Therapiemöglichkeiten zur Linderung der Symptomatik, absolute Heilung ist nicht unmöglich.
Typischerweise entstehen Schmerzen durch äußere Reize wie Verletzungen oder Entzündungen.
Bei dem Beschwerdebild der Polyneuropathie ist das anders:
Diese sehr schmerzhafte Erkrankung entwickelt sich aufgrund geschädigter Nervenfasern und einer gestörten Reizweiterleitung meist langsam über Jahre hinweg infolge einer anderen Erkrankung.
Schmerzen oft „wie von tausend Nadeln gestochen“.
Charakteristisch sind auch das ständige „Ameisen-Laufen“, eine extreme Berührungsempfindlichkeit sowie ein berennender Dauerschmerz an Füßen und/oder Händen.
Man geht „wie auf Watte“.
Eingeschlafene Füße, Gangunsicherheit, Muskelschwäche oder Lähmungen können in der Folge dazukommen.
Die Sensibilitätsstörungen, sogenannte Parästhesien, beginnen oft an den Zehen und breiten sich socken-bzw. strumpfförmig aus – manchmal sogar bis zu den Oberschenkeln.
Der Begriff Polyneuropathie stammt aus dem Griechischen und bedeutet im Deutschen „Erkrankung mehrerer Nerven“.
Bei diesem Krankheitsbild sind die Nerven des peripheren Nervensystems betroffen, also jene, die außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegen.
Die geschädigten Areale befinden sich am Ende der Nervenfasern, meiste an den Extremitäten:
So treten die Beschwerden vor allem in den Füßen, Beinen, Bänden oder Armen auf.
Die Zahl der Betroffenen ist hoch. Schätzungen zufolge leiden allein in Deutschland rund 5 Millionen Menschen an einer Polyneuropathie.
Experten vermuten, dass wahrscheinlich sogar noch mehr Menschen betroffen sind. Denn die Nervenerkrankung wird oft erst spät erkannt – manchmal auch gar nicht.
Die Ursachen sind vielschichtig.
Nervenschmerzen und Missempfindungen sind oft die Folge bzw. die (ersten) Krankheitsanzeichen einer anderen Grunderkrankung.
Über die Hälfte der Fälle geht auf Diabetes oder Alkoholmissbrauch zurück.
Die Stoffwechselstörung Diabetes mellitus steht hier an erster Stelle.
Der übermäßige Zucker im Blut führt zu einer mangelhaften Durchblutung.
Vor allem die kleinen Blutgefäße, die die peripheren Nerven versorgen, werden in Mitleidenschaft gezogen, und die Nervenzellen können in der Folge nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden.
Zusätzlich zu dieser Unterversorgung beeinträchtigt die hohe Zuckerkonzentration im Blut den gesamten Stoffwechsel im Körper und schädigt dadurch ebenfalls die Nerven.
Die Missempfindungen werden oft nachts und in Ruhe bemerkt, manche Diabetiker ertragen die Bettdecke nicht mehr auf den Füßen.
Die fehlende Schmerzweiterleitung lässt keine Wunden unbemerkt, die sich nicht selten gefährlich entzünden.
Alkoholmissbrauch ist die zweite Hauptursache für die Polyneuropathie.
Denn Alkohol – vor allem wenn er im Übermaß konsumiert wird – kann den Nervenzellen enorm zusetzen und die Reizweiterleitung stören.
Bei etwa 20% der Betroffenen sind die Ursachen der Nervenerkrankung jedoch unbekannt, man spricht dann von einer idiopathischen Polyneuropathie.
Der langjährige Einfluss von Chemikalien am Arbeitsplatz wie beispielsweise Lösungsmittel oder Pflanzenschutzmittel, aber auch Quecksilber können ebenfalls die Nervengesundheit beeinträchtigen und eine Polyneuropathie auslösen.
Auch bestimmte Medikamente (z. B. Antibiotika, Lipidsenker) oder eine Tumor-Erkrankung können das komplexe Krankheitsbild hervorrufen.
Eine Chemotherapie kann bei Krebspatienten ebenfalls eine Polyneuropathie auslösen.
Der Weiteren können eine Mangel- oder Fehlernährung oder auch eine Resorptionsstörung im Darm zu einem Mangel an Vitaminen führen.
Ist der Spiegel an Vitamin B12 oder an Folsäure zu gering, kann auch dies ein geschädigtes peripheres Nervenareal nach sich ziehen.
Ein Vitamin-B12-Mangel ist vor allem bei Menschen mit chronischen Magen-darm-Beschwerden verbreitet.
Bekannt ist auch, dass Patienten mit chronischer Nierenschwäche häufig unter einer Polyneuropathie leiden.
Die Nervenschädigung entsteht durch Stoffe, die bei Gesunden über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden werden, sich im Fall einer Nierenschwäche aber im Gewebe ablagern.
Auch Leber-Erkrankungen oder eine Schilddrüsenunterfunktion können die empfindlichen Nervenendigungen an Händen und Füßen schädigen.
Ebenso können Infektionen wie die Borreliose zu einer Polyneuropathie fühern.
Eine Sonderform der Polyneuropathie ist das sogenannte Guillain-Barré-Syndrom, eine Autoimmunerkrankung, bei der die Nervenscheiden der peripheren Nerven zerstört werden, wodurch deren Leitfähigkeit gemindert wird.
Die vielen möglichen Ursachen der Polyneuropathie (man spricht von über 200) machen neben dem Erheben der Krankengeschichte eine ausführliche klinische Untersuchung notwendig. Ohne Ursache, kann man die Krankheit nicht gezielt behandeln.
Ist die Grunderkrankung therapiert, geht es darum, die eigentlichen Beschwerden – die Schmerzen und Missempfindungen – in den Griff zu bekommen.
Hierfür stehen verschiedene Therapien zur Verfügung.
Meistens erhalten die Patienten zunächst Medikamente.
Häufig werden Antidepessiva und Antiepileptika zur Behandlung eingesetzt.
Zwar beseitigen sie den Schmerz nicht, machen ihn aber erträglicher.
Antiepileptika können ungewollte Entladungen von Nervenzellen dämpfen, die zu Schmerzen führen.
Diabetiker, die häufig einen geringeren körpereigenen Spiegel an Alpha-Liponsäure haben, erhalten Infusionen mit diesem Wirkstoff.
Er hilft dabei, die Missempfindungen zu mindern. Es können jedoch auch bei diesem Mittel Neben- und Wechselwirkungen auftreten.
Doch das ist keine Ursache Behandlung, sondern Symptom Minimierung.
Viel effektiver zeigt sich die Vitamin-B-Infusionstherapie.
Bei der Vitamin-B-Infusionstherapie führt man die Mikronährstoffe in sehr hohen Konzentrationen intravenös zu.
Vitamine der B-Gruppe werden umgangssprachlich als Nervenvitamine bezeichnet.
Zu Recht, denn Vitamin B1 findet man in den Zellmembranen der Nervenzellen, wo es die Informationsvermittlung inzwischen den Nerven unterstützt.
Außerdem spielt es eine große Rolle bei Energiestoffwechsel des Körpers, da es als Coenzym 5 weiteren enzymen bei der Umwandlung von Nahrung in Energie hilft.
Bei Diabetikern liegt häufig eine zu niedrige Vitamin B1 Konzentration im Blutplasma vor.
Vitamin B6 wiederum regt den Stoffwechsel des zentralen Nervensystems an.
Eine besonders große Bedeutung hat das Virtamin B12.
Es ist entscheidend an der Regeneration und Neubildung der Nervenfaserhüllen beteiligt.
Diese als Myelinscheiden bezeichneten Hüllen schützen die Nerven und sorgen dafür, dass Informationen korrekt weitergeleitet werden.
Gerät die Produktion der Myelinscheiden ins Stocken, schicken die mangelhaft umhüllten Nerven entweder verfälschte Signale weiter oder im schlimmsten Fall gar keine.
Zwar gibt es Nahrungsmittel, die reich an Vitamin B12 sind, darunter Vollkornprodukte und Nüsse.
Aber in einer sehr hohen Dosierung können B-Vitamine über die Nahrung oder als Nahrungsergänzungsmittel nicht verwertet werden, weil sie vom Magen-Darm-Trakt aus nicht ausreichend ins Blut aufgenommen werden können.
Daher ist bei einem starken Vitamin-B-Mangel eine Infusionstherapie sinnvoll.
Nach anfänglicher Infunsionsbehandlung kann die vitamin-B-Therapie meistens oral zu Hause fortgeführt werden.
Eine gesunde ausgewogene Ernährung ist generell wichtig, denn der Körper braucht ausreichend Vitamine und Mineralstoffe, um optimal funktionieren zu können.
Genussmittel wie Alkohol und Tabak sollten bei der Polyneuropathie vollständig gemieden werden.
Ungünstig sind außerdem Zucker und Weißmehrprodukte soeie Fast Food und Softdrinks.
Bei Polyneuropathie sind vor allem Nahrungsmittel empfehlenswert, die das Nervenvitamin B enthalten.
Vitamin B1 steckz z. B. in pinienkernen sowie in Hülsenfrüchten wie Erdnüssen, Erbsen, Bohnen, Linsen und Co.
Vitamin B3 ist u. a. im Leber, Fisch und Volkkornprodukten enthalten.
Reich an Vitamin B6 sind Nüsse, Vollkorngetreide, Kartoffeln und Karotten.
Nennenswerte Mengen an B12 findet man ausschließlich in tierischen Lebensmitteln wie Eiern, Fisch, Fleisch oder Milchprodukten.
Da Nerven zu einem großen Teil aus Fett bestehen, spielen auch Fettsäuren eine große Rolle.
Empfehlenswert sind die entzündungshemmenden Omega-3 Fettsäuren.
Sie gelten als Nahrung für das Nercvensystem.
Omega-3 Fettsäuren sind u. a. in fettem, wild gefangenem Fisch, Leinsamen und Chia-Samen enthalten.
Werden die Nervenzellen gut genährt, können Signale besser übertragen werden.
Die gesunden Fettsäuren helfen außerdem, Entzündungen in allen Geweben des Körpers zu verringern.
Auch die Phytotherapie kennt Kräuter, die die Beschwerden der Polyneuropathie lindern können.
Dabei hat sich Mutterkraut, besonders hervorgetan.
Aber auch Salbei, Thymian und ganz einfach Kohlblätter.
Eine starke Durchblutung der Haut wird mit Capsaicin aus der getrockneten Chilli erzielt.
In der Homöopathie ist der Blaue Eisenhut ein bekanntes Mittel bei Nervenschmerzen.
Quellen:
Udo Zifko „Polyneuropathie: so überwinden Sie quälende Nervenschmerzen. Springer 2017
Sigrid Nesterenko: „So therapieren sie Polyneuropathie“ Rainer Bloch 2017
Naturheilkunde Fachberatung für holistische Gesundheit November 2021
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