DER SPINAT - EINE HEILPFLANZE
- orion-consult
- 17. Feb. 2022
- 6 Min. Lesezeit

Natürlich wurde der Spinat einst nicht nur als Lebensmittel, sondern – wie fast alle Gemüse – auch als Heilpflanze sehr geschätzt und etwa bei Verdauungsstörungen angewandt. Neueste Studien geben der traditionellen Heilkunde recht.
Forscher von der University of Nebraska-Lincoln haben den Spinat im Jahr 2016 genau unter die Lupe genommen und festgestellt, dass er aufgrund seiner vielfältigen Nährstoffzusammensetzung die Gesundheit über das übliche Mass hinaus fördert.
Mehr als 100 nachgewiesene Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe spielen harmonisch zusammen, entfalten dabei eine antioxidative und entzündungshemmende Kraft und wirken u. a. Leiden wie Unterzuckerung, Fettleibigkeit, Fettstoffwechselstörungen, Depressionen sowie Krebs entgegen.
Mexikanische Forscher kamen im Jahr 2019 zum selben Ergebnis und bezeichneten den Spinat als eines der besten Lebensmittel.
In Bezug auf den Vitamingehalt hat der Spinat einiges zu bieten. Insbesondere ist das Blattgemüse eine fantastische Quelle für Betacarotin, Vitamin K, Vitamin C und Vitamin B2.
Der Mineralstoffgehalt von Spinat ist hoch. Ob Eisen, Magnesium oder Kalium: Spinat kann wesentlich dazu beitragen, den täglichen Bedarf zu decken.
Menschen mit Nierensteinen (auskristallisierte Bestandteile des Urins) wurde lange empfohlen, Lebensmittel mit Oxalsäure zu meiden, da diese die Bildung begünstigen können. Nierensteine entstehen dann, wenn bestimmte Substanzen im Urin in zu hoher Konzentration vorhanden sind und dann als Kristalle ausfallen.
Doch der grösste Teil des im Urin enthaltenen Oxalats (Oxalate sind die Salze der Oxalsäure) wird vom Körper durch Stoffwechselprozesse produziert.
Es handelt sich also vordergründig um das Endprodukt des Ascorbat-, Glyoxylat- und Glycinstoffwechsels und nicht um die aus der Nahrung aufgenommene Oxalsäure. Deshalb verschreiben die meisten Urologen nur noch Patienten mit sehr hohem Oxalatspiegel im Urin eine strikte oxalatarme Diät (weniger als 50 mg pro Tag).
Bis heute sind noch viele Menschen davon überzeugt, dass der Spinat nur aufgrund des hohen Eisengehalts gesund ist. Oft wird auch Popeyes Vorliebe für Spinat darauf zurückgeführt.
Popeye wusste aber viel mehr. Denn der starke Matrose sagt in einem Cartoon wortwörtlich: "Spinach is full of Vitamin A. An’ tha’s what make hoomans strong an’ helty!" Der schlaue Popeye wusste somit ganz genau, dass Spinat aufgrund des sehr hohen Gehalts an Betacarotin, woraus im Körper Vitamin Agebildet wird, derart gesund ist.
Betacarotin ist aber nicht nur als Vorstufe von Vitamin A, sondern auch als Radikalfänger bedeutsam.
Bei den freien Radikalen handelt es sich um aggressive Sauerstoffverbindungen, die ständig im Körper entstehen – etwa bei Stoffwechselprozessen, durch UV-Strahlung oder Toxine – und Zellen und das Erbmaterial (DNA) schädigen können. Aufgrund seiner antioxidativen Kraft ist Betacarotin in der Lage, freie Radikale unschädlich zu machen.
Wenn Sie 100 g frischen Spinat essen, dann nehmen Sie mehr als das Doppelte der empfohlenen Betacarotin-Tagesdosis auf. Aus dieser Menge an Betacarotin wird im Körper 78 µg Vitamin A gebildet, sodass der tägliche Bedarf an Vitamin A zu 87 Prozent gedeckt werden kann. Vitamin A ist u. a. wichtig für die Augen, trägt zur Synthese von Testosteron und Östrogen und zur Gesundheit der Knochen, Knorpel und Zähne bei.
Spätestens seit Popeye wird Spinat damit in Verbindung gebracht, dass er stark macht, also den Muskeln zugutekommt. Auf diese Eigenschaft wurde lange dem Eisen zugeschrieben. Für einenMuskelaufbau sollen aber gerade Stoffe verantwortlich sein, die nach wie vor verteufelt werden: dieNitrate.
Bereits in den 1990er Jahren haben Wissenschaftler gezeigt, dass Nitrate, die im Spinat und anderem grünen Blattgemüse enthalten sind, im Grunde sehr vorteilhaft sein können, da sie die Mitochondrien in den Muskelzellen nähren. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. Sie produzieren in jeder einzelnen Zelle die für diese Zelle nötige Energie.
Da nun sämtliche unserer Körperfunktionen nur in dem Masse ablaufen können, wie ihnen Energie zur Verfügung steht, können mangelhaft funktionierende Mitochondrien Körperfunktionen lahmlegen bzw. verlangsamen, was für unser Wohlbefinden nicht gerade vorteilhaft ist. Leistungsstarke Mitochondrien dagegen sorgen für einen reibungslosen Ablauf im Körpergeschehen. Sie regulieren den Blutdruck, das Immunsystem, den Zellstoffwechsel und vieles andere mehr.
Nitrate, wie sie natürlicherweise in biologisch angebauten Lebensmitteln vorkommen, werden im Körper zur Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) verwendet. NO ist ein wichtiger molekularer Bestandteil unseres Organismus, da er beispielsweise für den Sauerstofftransport im Blut zuständig ist.
Das im Spinat und anderem grünen Blattgemüse vorhandene Nitrat wird also zu NO umgewandelt, das im ganzen Körper Verwendung findet. Die Professoren Eddize Weitzberg und Jon Lundberg vom Karolinska Institutet in Stockholm machten diesbezüglich eine interessante Entdeckung.
Sie beobachteten, dass der Konsum jener Nitratmenge, die in etwa 200 bis 300 Gramm Spinat steckt und über einen Zeitraum von drei Tagen (zusätzlich zu regelmässiger sportlicher Betätigung) aufgenommen wird, die Effektivität der Mitochondrien spürbar verbessert. Dies reduziert den Sauerstoffverbrauch, erleichtert das Muskelwachstum und führt zu einer allgemein besseren Gesundheit.
Kein Wunder also, dass Spinat in der Welt des Sports eine wichtige Rolle spielt. So sehr, dass seit dem Jahr 2019 in höchsten Kreisen diskutiert wird, ob das Gemüse auf die Anti-Doping-Liste gehört.
Eine Studie ergab, dass Spinat-Extrakt eindeutig zu Leistungssteigerungen im Sport führt. Als der dafür verantwortliche Übeltäter wurde die Substanz Ecdysteron entlarvt, ein sogenanntes Phytosteroid, das derart starke Effekte auf Muskelzellen hat.
Da man häufig nicht nur Muskeln auf-, sondern gleichzeitig auch Übergewicht bzw. Fett abbauen möchte, lohnt sich der Spinatverzehr gleich mehrfach. Forscher der schwedischen Lund Universität stellten in einer im September 2014 veröffentlichten Studie fest, dass Spinat einerseits Heisshungerattacken reduzieren und andererseits beim Abnehmen helfen kann.
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass der Verzehr von Gemüse in puncto Diabetes Typ 2 einen präventiven Effekt hat. Wissenschaftler von der Univdersity of Leicester haben aber im Rahmen eines systematischen Reviews und einer Metaanalyse untersucht, welches Gemüse bzw. Obst sich dafür am besten eignet.
Sie kamen zum Schluss, dass grünes Blattgemüse wie der Spinat bei der Diabetesprävention eine Sonderstellung einnimmt. Es zeigte sich, dass Menschen, die im Schnitt 100 g grünes Blattgemüse pro Tag verzehren, um 14 Prozent seltener an Diabetes erkrankten.
In Bezug auf anderes Gemüse sowie Obst konnte ein derartiger Effekt nicht nachgewiesen werden. Es gibt jedoch Studien, die etwa gezeigt haben, dass das Diabetesrisiko durch den regelmässigen Genuss von Birnen und Äpfeln um 18 Prozent reduziert werden kann.
Laut der bereits erwähnten Studie am Karolinska Institutet önnte auch NO bei der Vorbeugung von Diabetes Typ 2 eine wichtige Rolle spielen.
"Die Mitochondrien spielen eine Schlüsselrolle beim Zellstoffwechsel", sagten die Forscher. Ja, die Verbesserung der mitochondrialen Funktion hat sehr wahrscheinlich viele positive Auswirkungen auf den Körper und könnte eine Erklärung für einen grossen Teil der gesundheitlichen Vorzüge von Gemüse sein.
Neben der Verbesserung der Zellgesundheit und der Steigerung des Muskelwachstums kann NO auch bei der Behandlung von Erkrankungen wie Diabetes und Herzleiden hilfreich sein, die eine Folge von mitochondrialer Dysfunktion sein können.
Da NO ausserdem den Blutdruck senkt, ist es dazu in der Lage, bei gesunden Menschen den Ausbruch von Diabetes zu verhindern sowie das Herz zu entlasten.
Ausserdem ist NO ein sehr wirksamer entzündungshemmender, anti-thrombotischer und die Blutgefässe erweiternder Stoff. Das bedeutet, in Anwesenheit von NO fehlt Schlaganfällen, Herzinfarkten und Thrombosen eine wichtige Basis.
Laut Forschern von der mahidol University in Bangkok ist eine gesunde Ernährung unglaublich wichtig für das Gehirn. Lebensmittel, die reich an Antioxidantien wie bestimmten Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen sind, helfen dabei, das Auftreten der Alzheimer-Krankheit zu unterdrücken.
Dem Spinat wird dabei eine besondere Bedeutung zugesprochen.
So konnte in einer Studie mit mehr als 200 Frauen bereits nachgewiesen werden, dass eine Ernährung mit einem hohen Gehalt an Folsäure und Vitamin B6, enthalten etwa im Spinat und anderem dunklem Blattgemüse, zur Verbesserung der geistigen Fähigkeiten und des Kurzzeitgedächtnisses beitragen kann.
Auch wurde festgestellt, dass Antioxidantien mit dem Alter und dem Verhalten zusammenhängende schädliche Auswirkungen auf das Gehirn wirksam reduzieren.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Kombination von phenolischen Verbindungen wie z. B. Kaempferol und Quercetin im Spinat bei Alzheimer wirksam sind.
Denn diese Stoffe schützen vor senilen Plaques. Hierbei handelt es sich um Ablagerungen aus Beta-Amyloid, die sich im Gehirn anreichern und die Kommunikation in und zwischen den Nervenzellen stören, wodurch diese absterben.
Die Forscher gaben im Jahr 2016 an, dass es sich beim Spinat um die Alzheimer-Pflanze handeln könnte.
Quellen:
Joseph L Roberts et al, Functional Properties of Spinach
Rosa Martha Perez Gutierrez et al, Spinacia Oleracea Linn Considered as One of the Most Perfect Foods: A Pharmacological and Phytochemical Review, Mini Rev Med Chem, 2019
Oxalate (Oxalic Acid): Good or Bad?, Healthline
Karl S. Kruszelnicki, Popeye's spinach story rich in irony, ABC Science, Dezember 2011
Filip J Larsen et al, Dietary Inorganic Nitrate Improves Mitochondrial Efficiency in Humans, Cell Metab, Februar 2011
Freie Universität Berlin, Studie: Spinat-Extrakt führt zu Leistungssteigerungen im Sport, Juni 2019
Caroline Montelius et al, Body Weight Loss, Reduced Urge for Palatable Food and Increased Release of GLP-1 Through Daily Supplementation With Green-Plant Membranes for Three Months in Overweight Women, Appetite, Oktober 2014
Doping mit Spinat – Ecdysteron fördert Kraftzuwachs in Studie, Ärzteblatt, Juni 2019
Guo XF et al, Apple and pear consumption and type 2 diabetes mellitus risk: a meta-analysis of prospective cohort studies, Food Funct, Mai 2017
Wannee Jiraungkoorskul, Review of Neuro-nutrition Used as Anti-Alzheimer Plant, Spinach, Spinacia oleracea Pharmacogn Rev, Juli-Dezember 2016
Patrice Carter et al, Fruit and vegetable intake and incidence of type 2 diabetes mellitus: systematic review and meta-analysis, BMJ, August 2010
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