HISTAMININTOLERANZ - WAS NUN TUN
- orion-consult
- 5. Nov. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Jan. 2022

Ein Glas guter Rotwein am Abend ist für den einen der Inbegriff von Gemütlichkeit, für den anderen jedoch die Garantie für die typischen Beschwerden einer Histaminintoleranz.
Hautausschlag, Durchfall, Erbrechen, Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Magenkrämpfe, eine laufende Nase und geschwollene Augen – und zwar fast unmittelbar nach Weingenuss.
Bei manchen Menschen kann eine Histaminintoleranz gar zu Langzeit-Symptomen führen wie zum Beispiel Ekzemen, Asthma, Neurodermitis, Morbus Crohn, Kopfschmerzen und Migräne
sowie chronischer Erschöpfung und Stimmungsschwankungen. Was ist der Grund?
Wer auffälligerweise kurz nach dem Genuss von Rotwein die oben beschriebenen Symptome an sich beobachtet, könnte an einer Histaminintoleranz leiden. Betroffene reagieren in diesem Fall empfindlich auf Histamine, die überreichlich gerade im Rotwein im Laufe der alkoholischen Gärung entstehen.
Histamine sind im Grunde völlig natürliche Substanzen, die sich in vielen Lebensmitteln befinden. Gleichzeitig werden sie auch im menschlichen Organismus selbst gebildet und erfüllen dort viele verschiedene Aufgaben, vor allem als Botenstoffe.
Besonders bekannt ist ihre Beteiligung an entzündlichen oder allergischen Immunreaktionen.
Bei Entzündungen sorgen die Histamine beispielsweise für die örtliche Schwellung des Gewebes, für eine Erweiterung der Blutgefässe und eine erhöhte Durchlässigkeit der Blutgefässwände. Der entzündete Bereich kann auf diese Weise besser durchblutet werden und die Abwehrzellen können dort leichter einwandern.
Bei Allergien werden überdurchschnittlich viele Histamine ausgeschüttet, so dass dieser Histaminüberschuss für die typischen Beschwerden einer Allergie verantwortlich ist.
Ganz anders verhält es sich bei einer Histaminintoleranz. Hier wird vom Körper nicht zu viel Histamin ausgeschüttet. Stattdessen kann der Organismus das mit der Nahrung eintreffende Histamin nicht ordnungsgemäss abbauen. Seine Histamin-Abbaumechanismen funktionieren nicht mehr richtig, so dass Menschen mit Histaminintoleranz – wenn sie bestimmte Lebensmittel essen oder trinken – unter einem Histamin-Überschuss leiden und sich dann den oben genannten Symptomen gegenüber sehen.
Normalerweise werden Histamine im menschlichen Organismus vom körpereigenen Enzym Diaminoxidase (DAO) abgebaut.
DAO wird bevorzugt in den Zellen der Darmschleimhaut gebildet. Bei Menschen mit Histaminintoleranz können nun unterschiedliche Probleme vorliegen:
Die Histaminintoleranz kann in seltenen Fällen genetisch bedingt, also von Geburt an vorhanden sein. Die DAO-Produktion ist hier aufgrund einer entsprechenden genetischen Veranlagung eingeschränkt
Sehr viel häufiger tritt die Histaminintoleranz infolge eines Darmproblems auf. Die DAO-Produktion ist hier aufgrund einer Darmschleimhautstörung reduziert, so dass einfach nicht genügend DAO vorhanden ist, um Histamine ordnungsgemäss abzubauen.
Die Histaminintoleranz steht auch in engem Zusammenhang mit der Versorgung bestimmter Mikronährstoffe, die an der Synthese und Aktivität der DAO sowie am Histaminabbau beteiligt sind. Liegen Vitalstoffmängel vor, kann es bei entsprechend vorbelasteten Menschen zu Histaminintoleranz-Symptomen kommen.
Eine Histaminintoleranz kann auch dann entstehen, wenn die DAO-Aktivität und/oder die DAO-Produktion von bestimmten Faktoren gehemmt oder gemindert werden. An erster Stelle stehen hier verschiedene Medikamente. Auch Koffein hemmt DAO.
Ein weiterer Faktor, der die Aktivität von DAO hemmt, ist Alkohol (bzw. dessen Abbauprodukt Acetaldehyd), so dass der genannte Rotwein gleich auf doppeltem Wege die Symptome einer Histaminintoleranz verstärken kann.
Bei Histaminintoleranz sollten die problematischen Lebensmittel zunächst vollständig gemieden werden, bis die gefassten Massnahmen zu einer Besserung führen und man langsam wieder mit kleinen Mengen der betreffenden Lebensmittel vorsichtig experimentieren kann.
Hstaminquellen sind neben dem Rotwein insbesondere lang gereifte Käsesorten, Fischkonserven, geräucherter Fisch,fermentierte Gemüse, fermentierte Sojaprodukte, Hefepasten, viele Wurstsorten sowie Essig (besonders Balsamico und in Essig Eingelegtes - also sämtliche Lebensmittel, die einen bakteriellen Reifeprozess durchmachten. Ein abendlicher Snack aus Käsewürfelchen, Essiggürkchen und einem Glas Rotwein ist für Histaminintolerante daher ein absolutes No-Go.
Histaminreiche Lebensmittel:
Fisch, wenn er nicht absolut fangfrisch ist
Meeresfrüchte
Gereifter Käse
Verarbeitete Fleisch- und Wurstprodukte
Gereiftes Fleisch
Wein und Bier
Essig
Fermentierte Lebensmittel
Spinat
Aubergine
Avocado
Tomaten und Produkte daraus
Hefepprodukte
Darüber hinaus gibt es noch sog. Histaminliberatoren.
Sie enthalten oft nicht einmal Histamin, können aber bei manchen Menschen mit Histaminintoleranz die Histaminfreisetzung aus histaminhaltigen Zellen triggern und somit zum Anstieg der Histaminkonzentration im Blut führen.
Histaminliberatoren können sein:
Erdbeeren und Himbeeren
Pflaumen
Tomaten
Kiwi
Ananas
Eier (insbesondere das Eiklar)
Sonnenblumenkerne
Nun gibt es aber auch noch andere Stoffe, die – genau wie Histamin – zur Gruppe der biogenen Amine gehören und bei Histaminintoleranz ebenfalls zu unerwünschten Reaktionen führen können.
Diese biogenen Amine heissen Tyramin, Putrescin, Phenylethylamin, Cadaverin, Serotonin, Spermin etc. Auch sie können das Ergebnis mikrobieller Aktivität sein und kommen daher meist gemeinsam mit Histaminen in ein und denselben Lebensmitteln vor.
Lebensmittel mit einem oder mehreren der anderen biogenen Amine oder auch Lebensmittel, die den Histaminabbau hemmen bzw. die DAO blockieren, sind z. B.:
Zitrusfrüchte
Pilze
Soabohnen
Bananen
Nüsse
Schokolade
Papaya
Weizenkeime
Koffeinhaltige Getränke
Wie bei den meisten Intoleranzen so gilt auch bei der Histaminintoleranz, dass jeder Betroffene ganz individuell seine eigene Toleranzgrenze austesten muss, um herauszufinden, welche Lebensmittel er in welchen Dosen noch vertragen kann.
Afangs ist eine konsequente histaminarme Ernährung jedoch unumgänglich. Kochbücher für Menschen mit Histaminintoleranz sind längst auf dem Markt und gerne hätten wir Ihnen an dieser Stelle eines empfohlen. Bei der Durchsicht derselben hat sich jedoch ergeben, dass sie oft Rezepte enthalten, die histaminhaltige Lebensmittel enthalten, dass die Rezepte nicht wirklich schmackhaft sind oder auch dass es sich um Rezepte handelt, die nicht einmal für Vegetarier geeignet sind.
Wenn ferner andere Ursachen für die Histaminintoleranz ausgeschlossen werden können (wie z. B. bestimmte Medikamente), dann empfiehlt sich eine umfassende Darmsanierung. Das Ziel einer Darmsanierung ist u. a. sowohl der Aufbau einer gesunden Darmflora (zum Schutz der Darmschleimhaut) als auch die Regeneration der DAO produzierenden Zellen.
Da DAO nur gemeinsam mit ausreichend Magnesium, Zink und Kupfer ordnungsgemäss arbeiten kann, überprüfen Sie bitte bei Verdacht auf Histaminintoleranz Ihre Versorgung mit diesen drei Mineralstoffen.
Ferner steht ein Vitamin-B6-Mangel im engen Zusammenhang mit der Histaminintoleranz. In Untersuchungen wurde festgestellt, dass viele Histaminintolerante einen verminderten
Vitamin-B6-Spiegel aufweisen.
Vitamin B6 jedoch wird laut manchen Quellen zur Synthese der DAO benötigt. Andere Quellen bezeichnen Vitamin B6 als DAO-Coenzym, das der DAO also beim Histaminabbau helfen kann.
Fehlt B6, kann auch nicht ausreichend DAO produziert werden bzw. die vorhandene DAO kann nicht aktiv werden. Somit kann ein Vitamin-B6-Mangel der Histaminintoleranz Vorschub leisten und ihre Heilung vereiteln.
Ein weiteres Vitamin, das der Histaminintoleranz entgegen wirken kann, ist das Vitamin C.
Es soll den Histaminabbau fördern können und daher täglich in höheren Dosen eingenommen werden, idealerweise mit frischen Lebensmitteln oder auch mit ganzheitlichen Vitamin-C-reichen Nahrungsergänzungsmitteln.
Einige Untersuchungen und auch einzelne Fallstudien weisen darauf hin, dass OPC die körpereigene Histaminsynthese (bzw. das dafür nötige Enzym Histidin-Decarboxylase) hemmen kann und daher bei Histaminintoleranz zumindest die Wirkung der Histaminliberatoren kompensieren und auf diese Weise zu einer Minderung der Symptome führen könnte.
Bei Histaminintoleranz kann das fehlende Enzym DAO auch in Kapselform kurz vor den Mahlzeiten eingenommen werden.
DAO-Kapseln können also das Leben von Menschen mit Histaminintoleranz erleichtern, erlauben jedoch dennoch nicht den gedankenlosen Verzehr aller Lebensmittel.
Quellen:
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